Zusammengebaut: „Freiwild Gemse-Rohloff" + Cyclone 360 Watt Kit

Wie vielen anderen vermutlich auch, bleibt mir zur „Bewegungstherapie" nur noch das Radfahren.

Leider stehen der ungetrübten Freude einige natürliche Feinde im Wege, allen voran Steigungen und Gegenwind. Eigengewicht, Gepäck und Regen erweisen sich als leichter erträgliche Spaßbremsen.

Und schon wird Opa, zur umworbenen Kundschaft der Elektro-Fahrrad-Hersteller. Vom stetigen Rückenwind bis zu eingeebneten Hügeln, mit Reichweiten bis 100 Km und CO2 freiem Naturgenuss beseelt, reift der Kaufentschluss für ein Pedelec bzw. E-Bike.

Bleibt die Frage nach Hersteller und Type. Antwort findet man z.B. mit Hilfe der Testergebnisse von extraenergy.org, … hofft man, und beherzigt den eindringlichen Rat, selbst zu testen.

Meine Selbstversuche blieben auf die Hügel in meiner direkten Umgebung beschränkt, maximal 17% und ca. 80 Höhenmeter „am Stück".

Den kräftigsten Nabenmotor hat das eZee-Sprint, über 8% hat man die knapp 30Kg zu schieben, wenn man kann.

Ein anderes Antriebskonzept verfolgt Fa. Flyer mit dem Tretlagerantrieb, leider in Deutschland auf den Unterstützungsfaktor 1.5 beschränkt. Zu schieben sind aber nur etwa 23 Kg und in der Premiumversion mit Motorunterstützung.

Mit diesen Erkenntnissen und den erfahrenen Erfahrungen mag ich mich nicht abfinden und beginne nach Alternativen zu suchen.

Per Zufall finde ich bei meinen Internet-Pedelec-Recherchen die Fa. Cyclone in Taiwan. Angeboten werden Umbausätze für Kettenantrieb von 180 bis 500 Watt sowie, für den europäischen Markt, ein 500W MTB als Komplettrad.

Dieses Konzept gefällt mir und nach diversen Überschlagsrechnungen habe ich den 360W Umbausatz erworben. Problemlos abgewickelt und nach 6 Tagen aus dem Zoll geholt. Gesamtkosten incl. Steuer und Zoll ca. € 300.

Der Paketinhalt entspricht nicht dem Foto, denn bestellt habe ich ohne Akku-Tasche und Ladegerät.

Geliefert wird:

Motor mit Planetengetriebe 10:1, 24V 360W, mit eingebauter Motorsteuerung.
Drehgriffsteuerung mit Ein-Aus-Schalter und 3 LED Spannungsanzeige
Lenkergriffe
Motor-Freilaufritzel mit 14 Zähnen für Standard-Fahrradkette (vormontiert)
Kettenblatt-Freilauf mit Gewinde für BMX-Kurbel
Stahlblech-Kettenrad 44 Zähne mit Kunststoff-Kettenschutz
Kurbelsatz mit 4-Kant Aufnahme, rechts mit Freilauf-Gewinde
Tretlagerwelle 155mm unsymmetrisch für „uralt" Tretlager
Alu-Montagewinkel, Befestigungsmaterial, Schrauben, Scheiben, Muttern
Ketten-Umlenkung (vormontiert)
KEINE techn. Unterlagen, Garantiekarte, Lieferschein, Rechnung usw.

Den 2-plg. Motorstecker ( 6,3mm Faston) habe ich durch Modellbau-Goldkontakte 5.5mm ersetzt, alles andere macht einen durchaus guten Eindruck.

Für den 360W Motor empfiehlt mir Cyclone auf email Anfrage den 20Ah Lipo-Akku, der 10Ah Akku sei „too small". Weil ich mich mit den 7,5 Kg Cyclone-LiPo nicht anfreunden kann, musste Modellbautechnik zum Einsatz kommen.

Etwa zum gleichen Preis gibt es einen 24V 10Ah 8C Lipo Akku bei Hellpower, der nur 1,7 kg wiegt, allerdings ohne eingebauten Balancer.

Als Ladegerät verwende ich die e-Station BC8 von Bantam an einem Netzgerät mit 13.8 V und max. 20A, eine Modellbauer-Lösung und Nix für Unbedarfte.

Nach meiner Überlegung sollte der Cyclone-Kettenantrieb in Verbindung mit der Rohloff-Nabe genügend Vortriebskraft auf das Hinterrad bringen um auch 12% Steigung mit mehr als 8 Km/h bei 120 Kg Systemgewicht zu schaffen. Die Fahrradkomponenten liefert Velo-Discount (in ebay gefunden) zu günstigen Konditionen. Die bisherigen Versuchskosten liegen noch unter 2500 €.

Der Antriebsanbau erweist sich als „Fummelei" wegen der sehr beengten Platzverhältnisse an dem kleinen MTB-Rahmen und ist letztlich weder zum Nachbau empfohlen, geschweige denn alltagstauglich. Die Anpassung der Klemmstege an Sattelrohr und Kettenstreben erfordert „Feilarbeit" und Augenmaß.

Ein brauchbares Test-Provisorium mit ca. 19 Kg Gesamtgewicht!

Mit den Originalteilen Kettenblatt, Freilaufritzel und 16 Zähnen an der Speedhub ergibt sich eine Gesamtuntersetzung 42:1 im ersten Gang. Bei Nenndrehzahl des Motors von 2700 U/min sind das am Hinterrad 64 U/min, etwa 8 Km/h bei 85 Kurbelumdrehungen pro Minute. Ich empfinde das als zu schnell und werde deshalb später 56:22 verwenden. Die „Nennkadenz" sinkt dann auf angenehmere 67 und die Nenngeschwindigkeit im 1.Gang auf 6 km/h, im 14. Gang ca. 30Km/h.

Absolut überzeugend sind meine bisherigen 150 Testkilometer verlaufen. Selbst die 17% Steigung konnte ich mit ca. 10 Km/h „erklimmen", Schieben entfällt komplett!

Die Kombination Speedhub und Cyclon-Motor bringt gehörigen Fahrspass und funktioniert perfekt, wenn man das „Gas" zum Schalten zurücknimmt. Bei Steigungen über 8% empfiehlt sich das „Brummi-Konzept": Rechtzeitig herunterschalten!

Cyclone liefert auch Elektronik für die Pedelec-Funktion and als Speed-Limiter um den europäischen Vorschriften zu entsprechen. Nach meiner Einschätzung gibt das System aber nur Sinn als zulassungsfreies, versicherungspflichtiges „Low Performance Moped" entsprechend 2002/24EC L1e mit maximaler Antriebsleistung 0.5KW, evt. auch ohne Geschwindigkeitsbegrenzung, wie bereits für SwizzBee in Deutschland zugelassen.

Die enge Getriebeabstufung erlaubt es, die Motordrehzahl immer im Bereich des günstigen Wirkungsgrades zwischen 80 und 90% zu halten. Das steigert die Reichweite und stellt die mögliche Leistung bereit. Bisher weiß ich nur, dass nach 38 Km, in hügeligem Gelände mit ca. 250 „Aufwärts-Metern", 7.8 Ah Nachladung nötig waren. (geschätzter Verbrauch ca. 6Ah)

Wie geht’s weiter:

Ein geeigneter Rahmen und ein Akku-Controller sind die nächsten Anschaffungen.

Nach einem ersten Gespräch mit Herrn Juchem, (Juchem-bike) ist eine 600mm Kettenstrebe problemlos machbar. Damit wird das Tretlager soweit vorverlagert, dass dahinter der Motor Platz findet und sich eine „neue" Sitzposition anbietet. Der amerikanische Fahrradhersteller Electra propagiert die „Flat Foot Technology". Im Sattel sitzend, beide Fußsohlen am Boden, hat man sicheren Stand. Der Tretwinkel beträgt 55 bis 60 Grad statt 74, „Forward Pedaling" im Electra-Jargon, bei aufrechtem bis leicht geneigtem Oberkörper. Es entsteht auch ein verlängertes Oberrohr und schon ist der bequeme, altdeutsche Tourenlenker an der richtigen Stelle. Dann freut er sich, der Opa, wenn die Hände nicht mehr kribbeln!

In Anlehnung an diese Geometrie soll mein neuer Rahmen bei Juchem gebaut werden. Die CAD-Konstruktion ist in Arbeit incl. Akku-Box.

Der Akku-Wächter wird ein Eigenbau, zeigt den akt. Fahrstrom und addiert ihn zu den verbrauchten Amperestunden auf. Mehr Informationen sind für den Elektro-Radler meines Erachtens nicht notwendig. Aber „Tankfüllung" und aktuellen Verbrauch möchte ich wissen. Der Testaufbau funktioniert bereits.

Wenn mir das „Ding" gelingt, werde ich es „Steinrad" taufen und ich könnte Interessierten fundierte Nachbautipps geben.

Jonathan Bohmer, am 10.10.2007